Der Holocaust, der nationalsozialistische Völkermord an europäischen Jüdinnen und Juden, der NS-Terror gegenüber allen, die sich dem Regime widersetzten, war eine Katastrophe unfassbaren Ausmaßes. Der 27. Januar ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Schätzungen zufolge reicht die Zahl der Opfer bis zu 80 Millionen Menschen weltweit.

In der Geschichte des Saarpfalz-Kreises ist nun nicht nur die Freiheits- und Demokratiebewegung fest verwurzelt. Die Zeit des Nationalsozialismus hat hässliche, noch immer schmerzhafte Spuren hinterlassen. Der 27. Januar sollte ein Tag sein, sich dieser mitunter „verdrängten Geschichte“ bewusst zu machen. „Verdrängte Geschichte“ lautet indes der Titel einer kleiner, handlichen Broschüre, die vom Saarpfalz-Kreis unter konzeptioneller und redaktioneller Leitung des Historikers Martin Baus, heute Geschäftsführer der Siebenpfeiffer-Stiftung, im Jahr 1995 herausgegeben wurde. Womöglich ist dieser „andere Wegweiser durch den Saarpfalz-Kreis“ auch schon in Vergessenheit geraten, zumal er inzwischen nicht mehr erhältlich ist. Gleichwohl hat die Broschüre bis heute nichts von ihrer Aktualität und Brisanz verloren.

„Was mit Hilfe dieses Wegweisers besucht werden kann, hat nichts Unterhaltsames, Kurzweiliges. Ja, nicht selten ist im eigentlichen Sinne auch gar nichts zu sehen. Die Schauplätze der Unmenschlichkeit und Barbarei sind weitgehend verschwunden, wurden beseitigt, verdrängt. Aber die Broschüre soll versuchen, Antworten auf Fragen zu geben, die immer wieder gestellt werden: Wie war das denn damals? Nach 1933, in unserer Gegend, in unserer Familie?“, schreibt Martin Baus eingangs.

In 30 kleineren Beiträgen werden Nazi-Herrschaft, Verfolgung und Widerstand im Saarpfalz-Kreis von Bexbach über Homburg, St. Ingbert bis Walsheim und Ormesheim schonungslos beschrieben. Die Wortwahl dabei ist direkt und alles andere als zimperlich: „Erschossen, verhungert, krepiert: Der Umgang mit Kriegsgefangen“ liest sich eine Überschrift. Sehr bewegend auch die „Schicksale der Verschleppten“, worin u. a. die Biografie des polnischen Mädchens Zofia Ptojewie erzählt wird, das als Zwangsarbeiterin auf den Hof des Bauern Hennes in Oberbexbach verschleppt wurde und bei einem Bombenangriff gemeinsam mit einem französischen Kriegsgefangenen ums Leben kam.

Es ging den Verantwortlichen beim Saarpfalz-Kreis um die Reflektion darüber, warum alle diese Gräueltaten geschehen konnten. „Gerade in einer Zeit, in der borniertes nationalsozialistisches und dümmlich-rassistisches Gedankengut wieder an Boden gewinnt, in einer Zeit, in der Rechtsradikale vor Morden und Gewalttaten nicht zurückschrecken und die Vergangenheit verdrängt, verleugnet wird, tut Aufklärung und das Wissen um die eigene Geschichte not“, heißt es da im Vorwort der Broschüre.

„Diese Worte treffen fast 30 Jahre nach Veröffentlichung den Nagel auf den Kopf. Es erschreckt mich zutiefst, dass sie aktueller nicht sein könnten“, sinniert Landrat Dr. Theophil Gallo. Er erinnert an das Ehepaar Ulma, das während der deutschen Besetzung Polens im Zweiten Weltkrieg trotz drohender Lebensgefahr zwei jüdische Familien versteckte, um sie vor dem Holocaust zu retten. Jozef und seine hochschwangere Frau Wiktoria wurden jedoch verraten und mit ihren sechs Kindern und den acht Juden, die sie versteckt hatten, am 24. März 1944 erschossen. „Stellvertretend für die Millionen Opfer von Terror und Krieg dürfen wir diese Familie niemals vergessen. Sie wurde am 10. September 2023 seliggesprochen. Der 27. Januar ist auch dafür da zu mahnen, Verantwortung zu übernehmen gegenüber der Jugend und allen Mitmenschen. Wir müssen sie anleiten und dafür sensibilisieren, dass wir alle der Verantwortung gerecht werden, die aus den Verbrechen unserer Vorväter erwachsen ist“, betont der Landrat, der bei der Gelegenheit auch immer wieder an die richtungsweisende Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker erinnert, die dieser anlässlich des 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag hielt, eine Rede, die die Welt veränderte oder zumindest in Teilen sicher verändert hat. „Der Saarpfalz-Kreis hat am 9. November 2023 zusammen mit seinen europäischen Partnerlandkreisen die Dekade der Erinnerung proklamiert. Das stete Bewusstmachen der Bedeutung des 27. Januar ist ein Teil dieser verantwortungsvollen Erinnerungsarbeit“, so Landrat Dr. Theophil Gallo.

Hintergrund

Seit 1996 ist der 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus gesetzlich verankert. Im Jahr 2005 haben die Vereinten Nationen den 27. Januar zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts erklärt. Dieses Datum wurde gewählt, weil am 27. Januar 1945, also kurz vor Kriegsende, das Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau, in dem während des Zweiten Weltkrieges über eine Million Menschen ermordet wurden, durch die Truppen der Roten Armee (Heer und Luftstreitkräfte Sowjetrusslands) befreit wurde.

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